Eher bauen oder doch lieber kaufen?

Stefanie Haermeyer
6 Min. Lesezeit

In diesem Artikel finden Sie die wichtigsten Aspekte, die Sie beim Neubau oder Kauf einer Immobilie berücksichtigen sollten.

Kurzer Überblick

  • Wenn Sie sehr konkrete Vorstellungen von Ihrem Zuhause haben, sind Sie wahrscheinlich eher der Neubau-Typ. Aber auch Bestandsimmobilien haben Charme. Eine Übersicht der Vor- und Nachteile hilft bei der Entscheidung für Bau oder Kauf. 
  • Laut vieler Experten der wichtigste Punkt beim Erwerb von Wohneigentum: Ihre neue Adresse. Was ist dran am Mythos „Lage“? Wir klären auf.
  • Wohneigentum ist eine Investition. Mit diesen Kosten und Nebenkosten sollten Sie bei Neubau oder Kauf einer Immobilie rechnen. Eine solide Finanzierung und staatliche Förderungen lassen Sie trotzdem ruhig schlafen.
Vor- und Nachteile im Überblick

Neubau oder Kauf einer Immobilie

Das gute Gefühl, als Erster eine Immobilie zu beziehen. Und dann auch noch eine, die einem selbst gehört. Der Stress, die Anspannung und Arbeit der letzten Monate sind meist schnell vergessen. Unabhängig davon, ob Sie neu bauen oder kaufen – jede Variante hat Vor- und Nachteile.

Vorteile Neubau

  • Mehr Gestaltungsmöglichkeiten, zum Beispiel freie Raumaufteilung und Zuschnitt
  • Individuellere Einflussmöglichkeiten, zum Beispiel beim Haustyp (Massivhaus, Fertighaus, Holzhaus) oder der Auswahl der Baumaterialien (nachhaltig bauen)
  • Moderne Haustechnik, smart Home
  • Hoher Energieeffizienzstandard
  • Freie Wahl des Standortes inklusive Ausblick und Abstand zum Nachbarn

Nachteile Neubau

  • Faustformel: Je individueller, desto teurer wird es
  • Sehr zeitaufwendig und nervenaufreibend, viele Entscheidungen zu treffen
  • Laie trifft Profi – Expertenrat ist gut (aber auch teuer)
  • Unvorhergesehene Bauverzögerungen, zum Beispiel durch lange Lieferzeiten oder schlechtes Wetter
  • Gefahr von Baumängeln, nachträgliche Haftungsfragen

Kaufen als Alternative zum Neubau?

Der Kauf einer Bestandsimmobilie erscheint auf den ersten Blick einfacher als ein Neubau. Sie schauen sich verschiedene Objekte an und entscheiden, wo Sie sich direkt Zuhause fühlen. Aber Achtung: Hören Sie nicht nur auf Ihr Herz und Bauchgefühl. Wägen Sie gut ab, bevor Sie sich für den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses entscheiden.

Vorteile Kauf Bestandsimmobilie

  • Unter Umständen günstiger als ein kompletter Neubau
  • Meist unkomplizierter zu finanzieren
  • Energieeffizienz durch Modernisierung verbessern
  • Option Wohnung oder Haus als Kapitalanlage zu vermieten

Nachteile Kauf Bestandsimmobilie

  • Weniger Gestaltungsspielraum aufgrund baulicher Gegebenheiten, zum Beispiel tragende Wände
  • Meist Modernisierungsaufwand, zum Beispiel für Bad, Küche, Böden
  • Oft Sanierungsstau, veraltete Haustechnik, Heiztechnik, Elektrik
  • Gekauft wie gesehen: Sanierungsbedarf nicht vollständig kalkulierbar

Tipp: Vereinbaren Sie ruhig einen zweiten oder dritten Besichtigungstermin, bevor Sie sich für ein Haus oder eine Wohnung entscheiden und nehmen Sie fachkundige Hilfe mit. Ein Gutachter oder anderer Fachmann erkennt Problembereiche schnell und hilft Ihnen, die Immobilie richtig einzuschätzen und einen fairen Preis auszuhandeln.

Mythos oder wahr?

Die drei wichtigsten Merkmale einer Immobilie: 1. Lage. 2. Lage. 3. Lage.

Ja, es stimmt: Einer der wichtigsten Aspekte beim Immobilienerwerb oder Bau ist die Lage. Der Preis wird maßgeblich von der Lage bestimmt. Jetzt und in Zukunft. Je besser die Lage, desto wertbeständiger die Immobilie. Idealerweise steigt der Wert sogar und ist somit eine Investition - trotz Kredit bei der Anschaffung.

Aber allein die Wertentwicklung sollte bei der Lage Ihres zukünftigen Zuhauses nicht ausschlaggebend sein. Damit Sie wirklich zu Hause sind, muss es sich auch so anfühlen. Es muss praktisch sein und im Alltag für Sie und Ihre Familie "funktionieren". Die Fragen aus unserer Checkliste helfen Ihnen, die perfekte Lage zu finden.

Checkliste zur Lage einer Immobilie

  • Wie weit entfernt wohnen Familie und Freunde? Passt das auch, wenn Sie sich nur für ein paar Stunden sehen?
  • Wie wichtig ist Ihnen eine gute Nachbarschaft? Am besten „niemanden hören und sehen“ oder schätzen Sie es eher, wenn „man sich kennt und auch mal hilft“?
  • Brauchen Sie den Trubel in der Stadt, die kurzen Wege, die Möglichkeiten des öffentlichen Nahverkehrs? Oder zieht es Sie aufs Land, genießen Sie lieber die Ruhe und Natur direkt vor der Haustür?
  • Wie lange fahren Sie zur Arbeit? Wären 60 Minuten pro Strecke OK für Sie?
  • Wie sieht es mit Kinderbetreuung und (weiterführenden) Schulen aus? Gibt es Auswahlmöglichkeiten und können die Kinder selbst hin und zurück?
  • Wie weit ist es zur nächsten Autobahnanbindung, zum nächsten Flughafen oder in die nächst größere Stadt?
  • Wie gut ist die Infrastruktur: ärztliche Versorgung, kulturelle Angebote, Einkaufsmöglichkeiten, aber auch Internet- und Mobilfunknetz in der Region?

Kosten und Nebenkosten beim Immobilienerwerb

Mit 300.000 - 400.000 Euro müssen Sie heute ungefähr für ein Einfamilienhaus in Deutschland rechnen. Das ist aber nur ein durchschnittlicher Richtwert. Viele Faktoren beeinflussen den Preis einer Immobilie. Die Größe, die Lage und die individuellen Wünsche des/der Bauherren haben erheblichen Anteil bei der Preisfindung.

Regionale Unterschiede machen es deutlich: In Mecklenburg-Vorpommern kann man vergleichsweise günstig bauen. In Ballungsgebieten wie Wiesbaden oder München kann ein vergleichbares Haus gut und gerne das Fünffache und mehr kosten. Bei Wohnungen ist das übrigens genauso.

Günstige Wohnungen und Häuser gibt es grundsätzlich eher in ländlichen Regionen. Vor dem Bau oder Kauf sollten Sie neben dem Kaufpreis auch zusätzliche Nebenkosten einplanen. Sie brauchen ggf. ein weiteres Auto und haben längere Wege zur Arbeit, zur Schule usw.

Mit diesen Kosten müssen Sie rechnen, wenn Sie Wohneigentum erwerben

  • Baukosten oder Kaufpreis der Immobilie
  • Kosten für das Grundstück oder die Grundstücksanteile
  • Beim Neubau: Baunebenkosten
  • Bei Kauf häufig: Kosten für die Sanierung, Modernisierung

Aber natürlich haben Sie Einflussmöglichkeiten auf die Kosten. Die nachfolgenden Tipps zeigen Ihnen, wie Sie die Kosten unter Umständen senken können. 

Tipps, um Kosten beim Hausbau oder Kauf zu sparen

1. Haustyp abwägen
Wenn Sie sehr genaue Vorstellungen von Ihrem Traumhaus haben, kommen Sie wahrscheinlich um einen Architekten nicht herum. Auch beim Kauf haben Architektenhäuser besondere Preismerkmale. Ein Bauträger bietet häufig bereits vorgeplante Häuser oder Lösungen an. Damit werden wahrscheinlich nicht alle individuellen Wohnwünsche erfüllt, dafür ist es oft günstiger.  

2. Bauweise berücksichtigen
Fertighäuser sind sehr beliebt. Beeindruckend schnell können Sie damit schlüsselfertig bauen und dementsprechend auch einziehen. Ein Massivhaus wird komplett Stein für Stein aufgebaut. Diese Variante gilt als langlebiger, ist jedoch auch deutlich teurer. Wenn Sie also ein möglichst günstiges Haus bauen möchten, liegt die Variante Fertighaus oft vorne.

3. Günstige Lage finden 
Auch hier regelt die Nachfrage den Preis. Wer in Toplage wohnen will, muss auch mit den Preisen leben – das gilt für Kauf wie für Neubau. Wer flexibler ist, wird oft im erweiterten Speckgürtel fündig.
Tipp: Kommunen weisen immer wieder Bauland für ganze Neubausiedlungen aus. Da diese Regionen auf Zuzug angewiesen sind, vergeben sie Bauplätze häufig günstig. 

4. Ausstattung: Einsparpotenzial nutzen
Die Ausstattung ist nach der Lage tatsächlich die größte Kostenschraube, aber immerhin eine, die Sie selbst am meisten drehen können. Gemeint sind Aspekte wie:

  • Badausstattung: viel Komfort und Luxus oder eher funktional?
  • Küche: individuell geplant, modern und technisch ausgefeilt oder „Modell-Standard“?
  • Böden: mit oder ohne Fußbodenheizung? Welche Materialien werden verwendet (Parkett, Echtholz oder PVC, Fliesen)?
  • Heizmethode und Wärmedämmung, Haustechnik allgemein
  • Art der Fenster, Türen (innen und außen), Dach, Fassade
  • Malerarbeiten, ggf. in Eigenleistung möglich?
  • Außenanlagen - was kann später gemacht werden?
  • Mit oder ohne Keller bauen? Allein diese Entscheidung liegt im mittleren 5-stelligen Kostenbereich.

Je nachdem, wofür Sie sich entscheiden, können Sie schnell ein paar Tausender sparen. Und natürlich lohnt sich bei der Ausstattung auch immer ein Vergleich der Anbieter und ausführenden Gewerke.

Experten raten, zunächst in die Ausstattungsmerkmale zu investieren, die Ihnen besonders wichtig sind. Wenn Sie sich nicht sofort entscheiden können, warten Sie, wenn möglich. Geschmäcker ändern sich im Laufe der Zeit und was Ihnen wirklich "fehlt", merken Sie oft erst, wenn Sie in Ihrem neuen Zuhause leben. 

Tipp: Ausstattungsmerkmale sind bei einer Haus- / Wohnungsbesichtigung sehr wichtig und haben maßgeblichen Einfluss auf den Preis. Eine eher schlichte (bei Bestandsimmobilien veraltete, unmoderne) Ausstattung bietet Ihnen die Möglichkeit, dies bei den Preisverhandlungen anzusprechen und somit den Preis möglicherweise zu drücken.

Nebenkosten bei Kauf und Neubau

Was genau zu den Nebenkosten zählt und wie hoch die im Einzelnen ausfallen, ist unterschiedlich. Nebenkosten sind abhängig vom Objekt, der Lage (welches Bundesland) und dem Zustand, aber auch von Ihrem Verhandlungsgeschick.

Übersicht der Nebenkosten

  • Notarkosten und Grundbucheintrag
  • Grunderwerbsteuer je nach Bundesland und jährliche Grundsteuer 
  • Maklerprovision, geteilt zwischen Verkäufer und Käufer
  • Ggf. Gutachterkosten, nach Aufwand in Stunden abgerechnet
  • Beim Neubau: Erschließungskosten für das Grundstück, Einrichtung der Baustelle
  • Bei Bestandsimmobilien: Renovierungs- und Modernisierungskosten 
  • Versicherungsbeiträge: Haftpflicht­versicherung (Bauherren-, Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht), Risikolebens­versicherung, Restschuld­versicherung 
  • Umzugskosten

Tipp: Maklergebühren verhandeln

Die Höhe von Maklerprovisionen ist nicht gesetzlich geregelt. Bis zu 6,5 % des Objektwertes sind üblich. In der Regel teilen sich Käufer und Verkäufer diese Kosten. Seit Dezember 2020 können Käufer das „Gesetz über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser“ zu ihren Gunsten nutzen. Das Gesetz sieht vor, dass Käufer von Immobilien maximal die Hälfte der Maklerprovision übernehmen müssen. 

Wohneigentum - ein guter Plan.

Die eigenen vier Wände sind mehr als nur ein Dach über dem Kopf. Und der tatsächliche Wert lässt sich nicht nur in Euro bemessen. Trotzdem bleibt es natürlich eine große finanzielle Investition. Sie nehmen viel Geld in die Hand und werden vermutlich einige Jahre an eine Immobilienfinanzierung gebunden sein.

Worauf Sie bei Ihrer Immobilienfinanzierung achten sollten, fasst die nachfolgende Übersicht zusammen.

Checkliste Immobilienfinanzierung und staatliche Förderung

1. Eine gute Budgetplanung
Gut heißt in diesem Fall realistisch. Planen Sie alle Kosten und Nebenkosten möglichst genau. So vermeiden Sie während der Umsetzung teure Nachfinanzierungen. Tipp: Arbeiten Sie mit Puffern. Wenn Sie Ihr Budget für ein Thema dann nicht vollständig aufbrauchen, können Sie es sicher in anderen Bereichen gut gebrauchen. 

2. Eigenkapital ansparen
Wir empfehlen die Nebenkosten, das sind ca. 15-20 % der Gesamtkosten beim Immobilienerwerb, mit Eigenkapital zu bezahlen. Grundsätzlich sind für den Eigenkapitalaufbau verschiedene Anlageformen möglich. Tipp: Fangen Sie rechtzeitig damit an, Eigenkapital anzusparen. Je mehr Sie davon haben, desto einfacher und schneller können Sie bei Ihrer Wunschimmobilie zuschlagen. 

3. Finanzierungsberatung einholen
Ein Immobilienkredit ist gängige Praxis. Kaum jemand bezahlt ein Haus oder eine Wohnung komplett von seinen Ersparnissen. Die Finanzierungssumme ist eventuell die größte Investition in Ihrem Leben. Aber in der anhaltenden Niedrigzinsphase werden Sie erstaunt sein, wie günstig Sie finanzieren können. 

Tipp: Fragen Sie immer bei mehreren Kreditinstituten an, vergleichen Sie Angebote und gehen Sie keine Kompromisse ein, wenn Ihnen im Kreditvertrag etwas Bauchschmerzen bereitet. 

4. Unterlagen zusammenstellen
Sie ahnen es: Der ein oder andere Ordner wird bis zum Einzug gefüllt. Ihre persönlichen Unterlagen sollten gut sortiert und aktuell sein. Das Gleiche gilt für alle Unterlagen zum Objekt. Tipp: Oft gibt es Fristen zu beachten und Reihenfolgen einzuhalten. Wenn Unterlagen fehlen, verlieren Sie wertvolle Zeit.

5. Finanzierungsdetails festlegen
Mit diesen Anhaltspunkten können Sie vergleichen und prüfen, ob ein Finanzierungsangebot zu Ihnen passt.

  • Wie lang ist die Sollzinsbindung?
    Faustformel: kurze Sollzinsbindung = 5 Jahre, lang = 10-15 Jahre, maximal = 25 Jahre und mehr
  • Wann ist das Haus, die Wohnung abbezahlt (konkretes Datum)?
  • Wie hoch ist die monatliche Rate für den Immobilienkredit?
  • Gibt es Sondertilgungs-Möglichkeiten bei der Immobilienfinanzierung?
  • Wie hoch sind die Bereitstellungszinsen?
  • Gibt es eventuell auch andere Gebühren und Kosten im Rahmen des Immobilienkredites?

6. Staatliche Fördermöglichkeiten nutzen
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bietet zinsgünstige Kredite und Zuschüsse für den Hausbau, Hauskauf und energieeffiziente Sanierungen. Die Einbindung dieser staatlichen Fördermittel sollten Sie also bei Ihrer Finanzierung prüfen. Sie können nicht nur von zinsgünstigen Darlehen profitieren, unter Umständen ergeben sich auch Steuervorteile. Tipp: Sprechen Sie mit Ihrem Finanzierungs- und/ oder Steuerberater über die Möglichkeit der staatlichen Förderung bei Baufinanzierungen.

7. Auszahlungsvarianten absprechen
Beim Hauskauf benötigen Sie den Kreditbetrag meist in einer Summe. Beim Hausbau empfehlen sich Teilauszahlungen nach Bauabschnittsfertigstellung. Banken sind in der Regel flexibel, was die Auszahlungsvarianten betrifft und reagieren schnell. Das heißt, sie zahlen die gewünschten Summen auf das von Ihnen genannte Konto. 

Ein Tipp zum Schluss: Fragen Sie nach, wenn es eng wird oder Sie ein ungutes Gefühl haben. Es gibt Fachleute, die Ihnen helfen: unabhängige Gutachter, (Bau)Sachverständige, Finanzierungsprofis, Makler und Steuerberater zum Beispiel.

Fragen Sie auch Ihre Familie, Freunde oder andere Menschen, die bereits gekauft oder gebaut haben nach ihren Erfahrungen. Was lief gut? Was würden ihr beim nächsten Mal anders machen?  Der Bau oder Kauf wird Sie ein paar Monate ziemlich beanspruchen. Der Erfahrungsaustausch hilft Ihnen, den roten Faden (und die Nerven) zu behalten. 

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